12.09.2023

Wärmewende in Flensburg durch Geothermie?

Mit einem eigenen Vorhaben sehen die Stadtwerke Flensburg die Chance, das Potenzial der Geothermie für die Wärmewende in Flensburg zu nutzen. Was wir vorhaben und was unter Geothermie zu verstehen ist, klären wir in diesem Beitrag.

Bereits im Mai 2023 haben die Stadtwerke Flensburg und der dänische Geothermie-Entwickler Innargi eine Absichtserklärung unterzeichnet, in der es darum geht, zu prüfen, ob die tiefe Geothermie zukünftig ein Baustein auf unserem Transformationspfad bilden kann. Unser Zukunftspfad sieht vor, unsere Energieerzeugung bis spätestens 2035 CO2-frei zu gestalten.

Wärme aus der Tiefe

Unter unseren Füßen schlummert ein wahrer Energieschatz, denn mit zunehmender Tiefe steigt die Temperatur im Erdinneren. Diese kann zum Heizen oder Kühlen von Gebäuden, zur Stromerzeugung oder in Kraft-Wärmekopplungsanlagen zur gleichzeitigen Erzeugung von Wärme und Strom verwendet werden. Hier schlummert also großes Klimaschutz-Potenzial, da die so gewonnene Energie klimaneutral und damit grün ist.

Daher ist es unser Ziel, für Flensburg eine klimafreundliche Wärmeversorgung zu etablieren, die ohne fossile Energieträger auskommt. Um dies zu erreichen, kann uns die Tiefengeothermie helfen.

Portrait von Tom Trittin. Dr. Tom Trittin, Referent der Geschäftsführung

Aus einer Tiefe von zwei bis drei Kilometer wird 40 bis zu 75 Grad warmes Wasser über eine Förderbohrung gewonnen. An der Oberfläche müsste das Wasser mit Hilfe von -Wärmepumpen auf die für das Fernwärmenetz notwendige Temperatur von über 90 Grad erhitzt werden. Anschließend würde das abgekühlte geothermische Wasser über eine weitere Bohrung zurück in den Untergrund gepumpt werden und der Kreislauf beginnt erneut. Grundsätzlich gehen Fachleute davon aus, dass das Potential für Geothermie in Süddeutschland höher ist, weil das Wasser im Untergrund höhere Temperaturen aufweist, aber auch im Norden der Republik sind ausreichende Wärmepotentiale nicht ausgeschlossen. Die Geothermie steht Tag und Nacht, egal ob die Sonne scheint oder der Wind weht zu Verfügung. Deshalb ist sie als carbon- und emissionsfreie Grundlast-Energiequelle ideal.

Potenzial erkannt

Die Flensburger Stadtwerke und Innargi erkunden derzeit die Untergrundbedingungen, um somit das Potenzial für einen Aufbau der geothermischen Fernwärme in Flensburg abzuschätzen. Dazu wird auch gehören, einen optimalen Standort für die Tiefenbohrung als auch die Einbindung der Wärme ins Fernwärmesystem der Stadtwerke Flensburg zu ermitteln.

Es wird etwas Zeit in Anspruch nehmen, bis den Stadtwerken alle notwendigen Daten vorliegen und mit Innargi das geothermische Wärmepotential für die Stadt bewerten zu können. Erst dann wird sich zeigen, ob das Flensburger Geothermiepotenzial ausreicht, um damit genügend Fernwärme zu einem konkurrenzfähigen Preis produzieren zu können.

Wenn die Untersuchungsergebnisse positiv ausfallen, könnten wir ganz konkret über den Bau und Betrieb eines Geothermie-Heizwerkes durch Innargi sprechen.

Portrait von Tom Trittin. Dr. Tom Trittin, Referent der Geschäftsführung

Für eine Umsetzung der Energiewende vor Ort ist es notwendig, neue Energieerzeugungs-möglichkeiten zu erkunden und die Geothermie könnte dabei eine wichtige Rolle spielen.

Ich bin zuversichtlich, dass die Stadtwerke Flensburg in wenigen Jahren mit der Geothermie einen wichtigen Beitrag zur Flensburger Wärmewende betragen können.

Portrait von Tom Trittin. Dr. Tom Trittin, Referent der Geschäftsführung

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  • Ursprung geothermischer Energie

    Die Herkunft der Erdwärme beruht im Wesentlichen auf zwei Faktoren. Die im Untergrund enthaltene Wärme kann erstens aus dem Erdinneren stammen oder zweitens von außen in Form von Niederschlägen, Sonneneinstrahlung oder Schmelzwasser eingebracht worden sein. Der äußere Wärmeeintrag hat nur in den obersten Metern der Erdkruste einen Einfluss auf die Temperatur. Mit zunehmender Tiefe nimmt dieser Einfluss ab, so dass in größeren Tiefen der Wärmeeintrag durch äußere Effekte nicht mehr festzustellen ist. Veranschaulichen lässt sich dieser äußere Wärmeeinfluss daran, dass im Winter die ersten Meter des Untergrunds gefroren sein können und dann mit zunehmender Außentemperatur im Frühling bzw. Sommer wieder auftauen. Dieser Wärmeeintrag unterliegt somit saisonalen Schwankungen. Der größte Anteil geothermischer Energie beruht allerdings auf der Wärme aus dem Erdinneren. Hier sind es vor allem radioaktive Zerfallsprozesse, bei denen Wärme entsteht, sowie eine Restwärme aus dem Entstehungsprozess der Erde. Mit zunehmender Tiefe kommt es zu einem Anstieg der Temperatur. In Mitteleuropa wird von einem durchschnittlichen Temperaturgradienten von durchschnittlich 3°Kelvin pro 100 m ausgegangen.

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  • Oberflächennahe Geothermie

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Über den Autor

  • Dipl. Wi-Ingenieur Energie- und Umweltmanagement
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